Wie bestimmt das Gegebene unser Handeln?
Wie entstehen Regeln und Orientierungen, und wann werden sie hinderlich?
Können wir sie vergessen, wieder finden oder über Bord werfen?
Die Ausstellung "Gullivers sechste Reise" stellt Arbeiten von KünstlerInnen vor, die sich diesen Fragen stellen und mit Welt erforschender Neugier Arbeiten entwickeln. Im Sinnbild des Gulliver finden hier künstlerische Perspektiven zusammen, die den Blick sowohl in die Ferne als auch auf das nahe Gelegene richten, das Große im Kleinen suchen und das Kleine im Großen. Alle Normen und Praktiken unserer sozialen Ethik bilden sich im Alltag ab. Abstand und neuartige Eindrücke bringen Anregung, Perspektivenwechsel und Klarheit. Die Erfahrung des Reisens, des sich Entfernens und Aussetzens führt zur Supervision des Vertrauten. Das Projekt "Gullivers sechste Reise" nimmt die Spurauf, die den Blick auf das Vertraute radikal verändert, weil sie die Perspektive wechselt.
Beispiele künstlerischer Arbeiten.
Gestrandet liegt die Insel von Ralf Lücke vor dem Tietz, .....direkt gegenüber der Innenstadt“insel“von Chemnitz, dem Kaufparadies. Das Innenleben eines solchen Kaufpardieses hat der Künstler Florian Thalhofer erforscht, seine Arbeit 13ter Shop ist eine erzählerische Montage über das Leben in einer Shopping Mall. Die Shopping Mall ist das tägliche kleine Abenteuer vieler Besucher – Aufbruch und Schiffbruch zugleich.
In der Arbeit von (e.) Twin Gabriel „Zonenrand“ verwandelt sich die verlassene Landschaft ehemaliger Braunkohleflöze in ein Szenario zwischen Science Fiction und Vergangenheit. Die von ihr und ihrer Familie verkörperten Figuren könnten sowohl Vormenschen sein als auch Gestalten aus Stanley Kubricks 2001. So wie die Figuren „aus der Zeit“ gefallen sind machen sie uns die Gegenwart als Vorübergehende erfahrbar.
Antonia Hirsch treibt mit ihrer Arbeit String Theory gleichzeitig ein witziges Sprachspiel, als dass sie auch den Gulliver Aspekt des Großen und Kleinen aufnimmt.
Isabelle Kriegs Serie Die Welt entdecken zeigt die Anwesenheit der Welt als in der „kleinen“ Welt des Alltags. Die von ihr umrissartig gezeichneten Kontinente (die Welt im Kleinen) finden sich auf ungespülten Kaffeetassen, Espressoflecken auf dem Herd, Tapetenabrissen, Kochplatten, Fensterbänken; - Isabelle Krieg führt die Welt immer mit sich, sie kommt dahergekleckst und gekleckert. Scheinbar belanglos überall dabei verweist sie auf das Ganze im Detail.
Florian Haas nimmt uns mit seinen großformatigen Bildern psychoaktiver Pilze auf eine ganz andere Reise mit.
Den Spuren des Fremden folgen auch Alfred Banze und Dierk Schmidt. Während Alfred Banze sich auf eine spielerische Spurensuche begibt, nehmen die großformatigen Bilder Die Teilung der Erde von Dierk Schmidt Bezug auf die koloniale Grenzziehung in Afrika, Entscheidungen, die auf der Afrikakonferenz 1884 in Berlin gefallen sind, die Vermessung der Welt am Schreibtisch – wenn man auf die Konflikte sieht, die dadurch in Afrika entstanden sind und immer noch schwären, dann haben auch diese Entscheidungen Schiffbruch erlitten.